1. Hintergrund zum Berufsinteressentest Gesundheitswesen (BIG)

Der Gesundheitssektor ist in Deutschland eine Branche mit hoher Wachstumsdynamik. In NRW sind im Jahr 2021 fast 189000 Menschen als Gesundheits- und Krankenpfleger(-innen) und fast 85000 Menschen als qualifizierte Altenpfleger (-innen) sozialversicherungspflichtig beschäftigt (Quelle).

Der Einstieg in diese Berufsgruppe erfolgt über die Ausbildung in Schulen für Gesundheitsberufe. Seit dem 1.1.2020 sind die Pflegeausbildungen in der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege im Pflegeberufegesetz gemeinsam geregelt. Alle Auszubildenden erhalten zwei Jahre lang eine gemeinsame, generalistisch ausgerichtete Ausbildung, in der sie einen Vertiefungsbereich in der praktischen Ausbildung wählen.

Bei der Entscheidung für diese Ausbildung spielt bisher eine psychologisch fundierte Eignungsdiagnostik, wie sie z.B. in fast allen großen Wirtschaftsunternehmen zu finden ist, kaum eine Rolle, u.a. weil spezifische Verfahren fehlten. Die Abbruchquote bei der Ausbildung ist teilweise hoch, so wird aus Berlin im Jahr 2021 eine Abbrecherquote von 28 Prozent berichtet (Quelle).

Die in den Jahren 2003/ 2004 einsetzende Entwicklung unseres Berufsinteressentests Gesundheitswesen (BIG), übrigens ausgelöst durch die Anfrage eine Krankenpflegeschule in Essen, zielte auf die Erfassung berufsbezogener Einstellungs- und Erlebensmuster. Bei der Entwicklung des Testverfahrens stand zu Beginn eine Betrachtung der Anforderungen in diesem Berufszweig, die kognitiv, psychisch und physisch nicht unbeträchtlich sind. Als Methode der Anforderungserhebung wurden überwiegend Interviews mit Fachleuten in einschlägigen Ausbildungsinstitutionen geführt.

Die ersten Versionen gingen von 16 zu erfassenden Merkmalen aus. Datenerhebungen konzentrierten sich auf Jugendliche und junge Erwachsene, teilweise wurden Diskriminanzanalysen zum Unterschied zwischen Schülern von Schulen für Gesundheitsberufe und allgemeinbildenden Schulen eingesetzt. Nach mehreren Untersuchungen konnte mit speziellen statistischen Methoden (explorativer Faktorenanalyse) eine Struktur von 12 unabhängigen Dimensionen gefunden werden, die die mit 109 Fragen gesammelte Informationsmenge optimal bündelt. Diese Testdimensionen und ihre Beschreibungen sind auf der folgenden Seite zusammengefasst. Die Ergebnisdarstellung für den Anwender umfasst neben den Prozenträngen in 12 Testdimensionen auch einen diskriminanzanalytisch fundierten Indexwert, der die Ähnlichkeit im Antwortverhalten auf ausgewählte Testfragen zu Schülern von Krankenpflegeschulen darstellt.

 

2. Das Testkonzept des BIG 

2.1 Die Entwicklung – orientiert an den Anforderungen des Berufsfeldes

 

Welche Interessen, Neigungen und Eigenschaften zeichnen den idealen Bewerber für Gesundheitsberufe aus? Sicher könnte jeder hier eine mehr oder weniger lange Liste wünschenswerter Merkmale aufzählen, sei es aus eigener Berufs- , Führungs- oder Ausbildungspraxis im Gesundheitswesen, sei es aus eigener Erfahrung als Patient. Generell sollen die in einem Berufsinteressentest zu messenden Merkmale wesentliche Anforderungen an Menschen berücksichtigen, die erfolgreich berufliche Rollen im Gesundheitswesen ausfüllen.

 

Bei der Konstruktion der Skalen des BIG wurde Wert darauf gelegt, dass sie einen starken Praxisbezug haben. Daher wurde das Krankenhauspflegepersonal hinsichtlich der Anforderungen des Gesundheits- und Krankenpflegeberufes befragt. Die Skalen des BIG bilden neben Eigenschaften / Fähigkeiten und Verhaltensweisen eine Vielzahl von so genannten „Schlüsselqualifikationen“ ab, wie z.B. intellektuelle Fähigkeiten, Handlungskompetenzen, soziale und kommunikative Kompetenzen und Bewältigungskompetenzen.

 

Gesundheits‐ und Krankenpfleger(-innen) begleiten Menschen beim „Gesundwerden“: Sie pflegen und versorgen eigenverantwortlich kranke und pflegebedürftige Menschen und haben dafür Sorge zu tragen, dass jedem Patienten die richtige Pflege zu Teil wird und sie so schnell wie möglich genesen. Dabei sind Gesundheits‐ und Krankenpfleger in ein Team aus Ärzten, Psychologen, Physiotherapeuten und Logopäden integriert und vermitteln zwischen medizinischem Fachpersonal einerseits sowie Patienten und deren Angehörigen andererseits. Damit kommt ihnen eine wichtige Schnittstellenfunktion zu. Im Rahmen der Gesundheitserziehung, ‐vorsorge und –nachsorge versuchen sie, das Bewusstsein der Patienten für eine die Gesundheit erhaltende Lebensführung zu schärfen, beraten und erklären Patienten, wie sie ärztliche Verordnungen einhalten und Krankheitsrückfälle vermeiden können. Zusätzlich übernehmen sie organisatorische und administrative Tätigkeiten, die von der Dokumentation von Untersuchungsergebnissen und der Führung von Patientenakten über die Verwaltung des Arzneimittelbestandes bis hin zur Erstellung von Pflegeplänen sowie der Koordination, Anpassung und Dokumentation von Pflegemaßnahmen reichen.

Diese umfassenden Aufgabenbereiche gehen mit einem hohen Anspruchs‐ und Anforderungsniveau einher. Von entscheidender Bedeutung ist zunächst ein ausgeprägtes medizinisch‐technisches Verständnis. Darüber hinaus müssen Gesundheits‐ und Krankenpfleger die Bedürfnisse ihrer Patienten erkennen und deren Gesundheitsverlauf oder die Veränderung des Gesundheitszustandes genau beobachten, um adäquate Maßnahmen einleiten zu können. Dabei stehen Gesundheits‐ und Krankenpfleger in sehr engem (körperlichen) Kontakt mit den Patienten, sind u.U. mit schweren Wunden, Verletzungen und Behinderungen oder mit Körpergeruch und Ausscheidungen konfrontiert. In kritischen oder lebensbedrohlichen Situationen müssen Gesundheits‐ und Krankenpfleger einen kühlen Kopf bewahren und schnellst möglich die richtigen, notwendigen Maßnahmen einleiten. Sie tragen die Verantwortung für die Versorgung und Pflege der Patienten. Sie müssen stets ein offenes Ohr für deren Wünsche und Probleme haben und in schwierigen Situationen seelischen und moralischen Beistand leisten. Durch die Betreuung von Sterbenden und die Begleitung von Trauernden, den Umgang mit chronischen oder unheilbaren Erkrankungen sowie durch den Umgang mit psychischen Störungen sind sie selbst ständig gefühlsmäßig belastenden Situationen ausgesetzt. Auch körperlich sind Gesundheits‐ und Krankenpfleger gefordert. Sie müssen schwere Lasten heben und tragen (z.B. beim Umbetten oder Waschen von Patienten), sind vielfach ansteckenden Krankheiten ausgesetzt und verbringen die meiste Zeit des Tages auf den Beinen. Hinzu kommen unregelmäßige Arbeitszeiten (Schicht‐, Nacht‐ und Wochenenddienste), eine hohe Patientenfluktuation durch eine kürzere Verweildauer der Patienten in den Kliniken und Krankenhäusern, wachsender Zeit‐ und Leistungsdruck, ein erhöhtes Stressniveau sowie stetig steigende Erwartungen und Ansprüche der Patienten an die Pflege‐ und Versorgungsqualität.

 

Durch Einzelinterviews wurden die relevanten Anforderungen des Berufes herausgearbeitet, anschließend die Dimensionen ausgewählt und im Folgenden Items (Fragen) zur Operationalisierung der Dimensionen konstruiert. Dabei wurde zu Beginn von 16 verschiedenen Merkmalen ausgegangen. Nach mehreren Studien und bei hinreichend großer Untersuchungsstichprobe konnten auf der Basis der für die Entwicklung des Verfahrens erhobenen Daten für das BIG-Verfahren durch das mathematisch-statistische Verfahren der Faktorenanalyse ein komplexes Meß-Modell entwickelt werden, das die Informationen über die Bewerber auf der Basis der Testfragen in der Zahl von zwölf Dimensionen optimal zusammenfaßt. Ein wichtiges Merkmal dieses Modells ist es, daß diese Dimensionen oder Faktoren in der Normstichprobe voneinander unabhängig (orthogonal) sind, d. h. ein hoher Wert in Dimension A bedingt nicht eine bestimmte Ausprägung auf einem anderen Faktor. Diese Eigenschaft erleichtert die Zusammenfassung der zwölf Faktoren in einem Summenwert BIG-Gesamt.

 

Der nächste Abschnitt erläutert Inhalte und Bedeutung der zwölf BIG-Faktoren und gibt Beispiele für die verwendeten Testfragen.

 

 

 

2.2 Die Faktoren des BIG

Bedingt durch die graphische Ergebnisdarstellung in Form von Radar-Charts war eine Aufgliederung der zwölf Testdimensionen (auch als Faktoren oder Testskalen bezeichnet) in zwei Teilbereiche erforderlich. Die Faktoren werden hier kurz charakterisiert und es werden zwei bis drei zugehörige Testfragen aufgeführt.

 

2.2.1. Testteilergebnis 1

 

2.2.1.1 Einstellungen zu Arbeitsumständen im Gesundheitsbereich

Diese Testdimension betrifft die Bereitschaft und die Fähigkeit von Personen, Pflegemaßnahmen an anderen vorzunehmen. Die Arbeitsumstände im Gesundheitswesen setzen zusätzlich die Akzeptanz von Arbeitszeit z.B. auch nachts oder an Wochenenden voraus sowie die Notwendigkeit, mit negativen Lebensereignissen anderer zurecht zu kommen.

 

Beispiele für – zum Teil negativ gewichtete - BIG-Fragen des Faktors “ Einstellungen zu Arbeitsumständen im Gesundheitsbereich ”:

  • Ich finde die Vorstellung unangenehm, eine fremde Person zu waschen.
  • Ich möchte beruflich nicht mit den Körpersekreten (z.B. Blut, Urin) anderer Menschen konfrontiert werden.
  • Es würde mir nichts ausmachen, einen Beruf zu ergreifen, bei dem ich auch Schichtdienst und Wochenenddienst habe.

 

2.2.1.2 Einstellungen zur Teamarbeit

Diese Testdimension beschreibt die Bereitschaft, sich integrativ und produktiv in ein Team einzufügen und auch Entscheidungen anderer Teammitglieder trotz gegenteiliger eigener Meinung zu akzeptieren.

 

Beispiele für – zum Teil negativ gewichtete - BIG-Fragen des Faktors “ Einstellungen zur Teamarbeit ”:

  • Bei der Lösung einer Aufgabe arbeite ich lieber mit einer Gruppe zusammen als allein.
  • Ich möchte in meinem Beruf lieber selbständig arbeiten und mich dabei nicht ständig mit Kollegen absprechen müssen.
  • Ich beschäftige mich gerne allein mit einer Aufgabe.

 

2.2.1.3 Flexibilität und Belastbarkeit

Diese Testdimension betrifft die Fähigkeit einer Person, mehrere, auch unvorhergesehene Aufgaben parallel koordiniert und nach Prioritäten bearbeiten zu können, ohne dass das subjektive Stressempfinden der Person sehr hoch wird.

 

Beispiele für BIG-Fragen des Faktors „Flexibilität und Belastbarkeit ”:

Auch wenn viele Aufgaben gleichzeitig auf mich zukommen, werde ich nicht so schnell nervös.

Wenn ich Vieles gleichzeitig erledigen soll, wächst mir die Sache schnell über den Kopf.

 

2.2.1.4 Geduld

Diese Testdimension betrifft die Fähigkeit und Bereitschaft zum Zuhören ebenso wie das Ausführen von u.U. als monoton erlebten Routinetätigkeiten oder das Zurückstellen von persönlichen Antipathien.

 

Beispiele für – zum Teil negativ gewichtete - BIG-Fragen des Faktors „Geduld ”:

Manchmal habe ich Probleme damit, anderen geduldig zuzuhören.

ch finde es nervig, wenn ich jemandem dieselbe Sache mehrmals erklären muss.

 

2.2.1.5 Gewissenhaftigkeit

Diese Testdimension beschreibt die Fähigkeit einer Person, bei übernommenen Aufgaben sicherzustellen, dass alle notwendigen Informationen vorliegen und sie dann mit Sorgfalt durchzuführen.

 

Beispiele für BIG-Fragen des Faktors „Gewissenhaftigkeit ”:

Bevor ich eine Entscheidung in die Tat umsetze,überlege ich erst noch mal, ob ich auch nichts Wichtiges vergessen habe.

Wenn mir jemand etwas erklärt hat, frage ich meist vorsichtshalber nach, ob ich die Sache auch richtig verstanden habe.

 

2.2.1.6 Frustrationstoleranz

Diese Testdimension beschreibt die Fähigkeit, im Umgang mit frustrierenden Ereignissen im Beruf die resultierenden negativen Emotionen schnell ablegen zu können.

 

Beispiele für – zum Teil negativ gewichtete - BIG-Fragen des Faktors “ Frustrationstoleranz ”:

Ich brauche meist sehr lange, um über ärgerliche Angelegenheiten hinwegzukommen.

Wenn in der Schule oder im Beruf viel Neues auf mich zukommt, beschäftigt mich das auch noch zu Hause.

 

 

2.2.2 Testteilergebnis 2 

 

2.2.2.1 Beobachtungsgabe

Diese Testdimension betrifft die Fähigkeit, in Bezug auf andere Personen Details und gegebenenfalls auch Veränderungen wahrzunehmen.

 

Beispiele für BIG-Fragen des Faktors “ Beobachtungsgabe ”:

Ich schaue genau hin, wie jemand aussieht oder was er anhat..

Mir fällt sofort auf, wenn eine Mitschülerin oder ein Mitschüler eine neue Frisur hat oder neue Kleidung trägt.

 

2.2.2.2 Einfühlungsvermögen

Diese Testdimension beschreibt, inwieweit Personen im Umgang mit anderen ein Gespür für deren Gefühle und Stimmungen besitzen, sich in andere hineinversetzen können und gegebenenfalls auch mit schwierigen Persönlichkeiten umgehen können.

 

Beispiele für – zum Teil negativ gewichtete - BIG-Fragen des Faktors “Einfühlungsvermögen”:

Ich kann mir meist gut vorstellen, was in anderen Menschen gerade so vor sich geht und wie sie sich fühlen.

Ich merke schnell, ob es jemandem gut oder schlecht geht.

 

2.2.2.3 Pädagogische Fähigkeiten

Diese Testdimension bezieht sich auf die Fähigkeit und die Bereitschaft einer Person, anderen Wissen, Handlungsfertigkeiten oder spezifische Fähigkeiten zu vermitteln.

 

Beispiele für – zum Teil negativ gewichtete - BIG-Fragen des Faktors “ Pädagogische Fähigkeiten ”:

Ich kann anderen Leuten Dinge, die ich gelernt habe, gut erklären..

Es liegt mir nicht, anderen Leuten etwas beizubringen..

 

2.2.2.4 Selbstbewusstsein und Initiative

Diese Testdimension beschreibt die Fähigkeit einer Person, selbstbewusst und

zielorientiert Beziehungen aufzubauen, Entscheidungen zu treffen und die eigene Meinung zu vertreten.

 

Beispiele für BIG-Fragen des Faktors “ Selbstbewusstsein und Initiative ”:

Wenn ich jemanden kennen lernen möchte, mache ich meist den ersten Schritt.

Wenn mir etwas nicht passt, zeige ich es auch ganz offen.

 

2.2.2.5 Soziale Kontakt- und Einsatzbereitschaft

Diese Testdimension betrifft die Bereitschaft, beruflich mit vielen verschiedenen Personen zu kommunizieren und zu immer wieder neuen Menschen Beziehungen aufzubauen.

 

Beispiele für – zum Teil negativ gewichtete - BIG-Fragen des Faktors “ Soziale Kontakt- und Einsatzbereitschaft ”:

Ich finde es interessant, beruflich immer wieder mit neuen Menschen in Kontakt zu kommen.

Auch mit fremden Leuten komme ich schnell ins Gespräch.

Mich ständig mit neuen Menschen zu beschäftigen, fällt mir schwer.

 

2.2.2.6 Auffassungsgabe

Diese Testdimension beschreibt die Fähigkeit einer Person, Sachverhalte und Zusammenhänge schnell zu erkennen, durch Logik Lösungswege zu finden und gegebenenfalls Risiken wahrzunehmen.

 

Beispiele für – zum Teil negativ gewichtete - BIG-Fragen des Faktors „Auffassungsgabe ”:

Manchmal benötige ich etwas länger, um eine Situation zu überblicken.

Logik ist nicht meine Stärke.

 

 

2.3 Die Art der Testfragen und deren Verrechnung

 

Die Art der Testfragen wurde bereits in einigen Beispielen demonstriert. Es handelt sich dabei häufig um beschreibende Aussagen zur eigenen Person, um Statements mit Wert-Aussagen und Einstellungsfragen, die auch Bewerbern ohne einschlägige Berufserfahrungen Gelegenheit gibt, ihre Neigungen und Interessen auf der Basis ihrer bisherigen Lebenserfahrung darzustellen. Der BIG-Test ermöglicht dem Probanden, Zustimmung oder Ablehnung zu der Aussage in vierstufiger Form

 

  • Stimmt gar nicht,

  • Stimmt eher nicht,

  • Stimmt teilweise,

  • Stimmt genau

 

anzugeben. Die jetzt eingesetzte Sammlung von Fragen wurde in einem längeren Auswahl- und Modifikationsprozeß herausgeschält. Beim BIG-Verfahren geht es ausschließlich um Neigung und Eignung für berufliches Handeln im Gesundheitswesen.

 

Mit dem BIG-Verfahren wird auf neuartige Weise von den präzisionssteigernden Möglichkeiten der computergestützten Auswertung Gebrauch gemacht, indem für jeden Probanden für jeden Faktor ein Wert ermittelt wird, in den alle Fragen entsprechend ihrer Bedeutung für den jeweiligen Faktor nach der Verrechnungsvorschrift der Faktorenanalyse eingehen. Ein (gewichtetes) Mittel der zwölf Faktoren wird als BIG-Gesamtwert ausgewiesen, eine Beschränkung der Interpretation nur auf diesen Summenwert würde jedoch wesentliche Aussagemöglichkeiten des Tests ungenutzt lassen.

  

 

2.4 Der Ähnlichkeitsindex des BIG

 

 

Zusätzlich zu den Ausprägungen der zwölf Dimensionen umfasst die Ergebnisdarstellung für den einzelnen Probanden auch einen diskriminanzanalytisch fundierten Indexwert, der die Ähnlichkeit im Antwortverhalten auf ausgewählte Testfragen im Vergleich zu Schülern von Krankenpflegeschulen und zu Schülern von allgemeinbildenden Schulen darstellt. Dieser Wert kann als Bestimmung der Ähnlichkeit des Antwortmusters eines Bewerbers / einer Bewerberin zu dem von Pflegeschülern/innen genutzt werden.

 

BIG Index

 

Der im Einzelergebnis ausgewiesene Wert des Ähnlichkeitsindex erlaubt eine Positionierung der Probandin / des Probanden im Hinblick auf die Verteilungen der beiden Gruppen auf der Diskriminanz-Dimension.

 

3 Gütekriterien

 

Im Rahmen der wissenschaftlich fundierten Anwendung psychologischer Tests werden die drei Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität herangezogen. Hinsichtlich der Objektivität kann man davon ausgehen, daß im Fall des BIG-Tests durch Präsentation am Bildschirm eine gleichartige Testvorgabe gewährleistet ist und durch die IT auch die Auswertung frei von subjektiven Einflüssen erfolgt.

 

3.1 Zuverlässigkeit (Reliabilität)

 

Die Reliabilität (Zuverlässigkeit) eines Tests gibt an, wieweit der Test frei von Meßfehlern ist. Die Reliabilität läßt sich auf unterschiedliche Weise bestimmen; hier wurde eine Kombination der Methoden „Split-half-Reliabilitätsbestimmung“ und „Reliabilitätsindex“ angewandt, die Stichprobengröße betrug N=248.

Für die Reliabilität wird eine Kennzahl benutzt, die im Bereich von 0 bis 1 liegt, 1 würde die höchstmögliche Zuverlässigkeit der Messung und das Fehlen von "Meßfehlern" bedeuten.

 

 Testskala  Reliabilitätsschätzung
 Testteilergebnis 21  
 Einstellungen zu Arbeitsumständen im Gesundheitsbereich  .73
 Einstellungen zur Teamarbeit  .81
 Flexibilität und Belastbarkeit  .80
 Geduld  .78
 Gewissenhaftigkeit  .80
 Frustrationstoleranz  .76
 Testteilergebnis 2   
 Beobachtungsgabe  .83
 Einfühlungsvermögen  .82
 Pädagogische Fähigkeiten  .81
 Selbstbewusstsein und Initiative  .82
 Soziale Kontakt- und Einsatzbereitschaft  .77
 Auffassungsgabe  .88

 

 

3.2 Validität

Auf Grundlage der uns vorliegenden Daten konnte gezeigt werden, dass das BIG-Verfahren in der Lage ist, zwischen Krankenpflegeschülern und Schülern der Sekundarstufe 2 zu unterscheiden, also diagnostische Kriteriumsvalidität besteht. Hinsichtlich der Validität des BIG liegen Befunde vor, die signifikante Unterschiede auf den Skalen des BIG zeigen zwischen Personen, die sich in der Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpflegeberuf befinden und zufällig ausgewählten Schülern verschiedener Schulformen.

Zusätzlich zeigte sich in einer Stichprobe von N=396 Personen, dass die Ausprägungen der BIG-Faktoren zwischen Personen, die in einem Pflegeberuf tätig sind (N=173) und Personen, die nicht in einem Pflegeberuf tätig sind (N=223), signifikant unterschiedlich sind. Dabei zeichneten sich Personen in Pflegeberufen im Mittel durch höhere Werte in den Faktoren aus, mit Ausnahme der Faktoren „Gewissenhaftigkeit“ und „Frustrationstoleranz“.